Von Andrei Cucu, übersetzt von Joanna Mitchell
Das Encounters Surrealist Web Chat ist ein Experiment der verbalen Kommunikation zwischen Sprachen und Menschen, das über die Semantik hinausgeht. Das Projekt bedient sich der Idee des Cadavre Exquis oder der „vorzüglichen Leiche“ – dem surrealistischen Wortspiel, bei dem die Teilnehmer*innen einen Text fortsetzen müssen, ohne zu wissen, was die vorhergehende Person geschrieben hat – und entwickelt dieses weiter: jede*r Teilnehmer*in erhielt eine Nachricht in einer Sprache, die er oder sie nicht versteht, und antwortete in der eigenen Muttersprache. Die Teilnehmenden wurden gebeten, jeweils so zu antworten, wie sie es selbst für richtig halten, dabei aber die eigene Muttersprache zu verwenden. Die daraus resultierenden Botschaften präsentierten sich als eine äußerst spannende und eklektische Mischung von Reaktionen, die nicht nur die Flexionen, Rhythmen und akustischen Eigenheiten der einzelnen Sprache aufzeigten, sondern auch den Zusammenhang zwischen Botschaft und Antwort, der manchmal anfangs schwer zu erkennen war, aber mit jedem wiederholten Hören deutlicher wurde.
Der ganze Prozess fand während des Höhepunktes der Corona-Pandemie in Berlin statt, was einerseits die Logistik der Durchführung erschwerte, andererseits aber auch zu einer unerwarteten Übung in Online-Interaktionen führte – und das zu einer Zeit, in der Fragen der Nähe, der Kommunikation und des menschlichen Kontakts so stark in den Vordergrund rückten.
Als Auftakt und Teaser für die Performance The Encounters Incomprehensible Reading Hour, die hoffentlich bald stattfinden wird, erwies sich der Surrealist Web Chat als faszinierende Hörübung – zumindest für mich, der einen Überblick über das gesamte Material hatte sowie das große Privileg, aus all diesen wunderbaren Sprachen eine Komposition zu schaffen.
Ein ganz besonderer Dank geht an Brooj, Laura, Xenia, Moji, Yannis, Alexandra, Mahtab, Réka und Zeynep für das Mitspielen. Das Ergebnis ist hier zu hören
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