Dagmar Giesecke
Nicht nur lesen ist angesagt in öffentlichen Bibliotheken. Seit einigen Jahren strecken sich „Lesestuben“, wie sie in ihrer Anfangszeit genannt wurden, nach zusätzlichen Angeboten aus.
So geschehen auch in der Zentralbibliothek „Maria Buch“ in der Tempelhofer Götzstraße. Am 14. Juli, in einem Zeitfenster von vier Stunden, war eine solche Veranstaltung am Start – im Garten und bei schönem Wetter, passend zu Corona und der Jahreszeit. Auf dem Plan stand der Bau von zwei Hochbeeten und deren Bepflanzung. Im Vorfeld wurde die in unmittelbarer Nähe, hinter dem Rathaus liegende Kleingartenkolonie „Feldblume“ angeschrieben und um Kooperation und eventuelle Spenden gebeten. Die Anfrage wurde an die Leiterin des dortigen Lehrgartens weitergereicht und sofort entschieden mit selbst vorgezogenen Pflanzen, sei es Gemüse oder Blumen, zu helfen, ebenfalls mit Material, das für das Befüllen der Hochbeete benötigt wird. Einen Tag vor dem Termin „karrten“ wir, alles Ehrenamtliche, was wir entbehren konnten zum Ort des Geschehens. Spontan hatten Ch. und ich uns entschieden, am nächsten Tag dabei zu sein. Also „schlugen“ wir am nächsten Morgen pünktlich am Treffpunkt auf, schon gespannt, ob und wer sich ebenfalls für ein solches Projekt interessiert. Und es fanden sich tatsächlich noch zehn weitere Interessierte, jung und alt, die sich den Aufgaben des Workshops stellen wollten, ein. Die meisten kannten sich vorher untereinander nicht, fanden aber schnell zusammen.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde und Aufgabenbeschreibung ging es ans Werk. Für die verschiedenen Arbeitsschritte sollten sich Gruppen bilden. Spannend war für mich zu beobachten, dass darüber keine langen Diskussionen entfachten, sondern alles wie von selbst sich zusammen fügte. Die einen sägten, die anderen steckten die Hochbeete zusammen oder schraubten die gesägten Bretter an die Hochbeete, die als Sitzbänke dienen sollten. Schließlich wird Corona hoffentlich mal irgendwann wieder vorbei sein. Und dann kann mensch mit einem Buch dort entspannt ein nettes Plätzchen finden. Anschließend ging es gemeinsam an das Befüllen der Hochbeete mit einer ersten Schicht altem Holz, Geäst und anderem organischen Material, wobei gleich einmal der eine oder andere Strauch als Lieferant diente und so gleichzeitig von seinem etwas wilden Outfit befreit wurde. Während der ganzen Prozesse waren Phantasie und Spontanität angesagt. Und zwischendurch schaute auch die „Berliner Abendschau“ noch vorbei und brachte abends einen Beitrag.
Als festgestellt wurde, dass noch ein bisschen Füllmaterial von Vorteil wäre, wurden schnell und ohne große Überlegungen aus dem Lehrgarten Kompostabfälle organsiert. Dann ging es ans Pflanzen. Gemeinsam entschieden wir welche Pflanzen wo eingepflanzt werden sollten – es hatten auch andere außer der Lehrgarten welche gespendet. Auch hier gab keine großen Diskussionen, und was nicht mehr in die Beete passte wurde kurzerhand an anderer Stelle eingepflanzt oder für den anderen Workshop, der zwei Tage später in der Stadteilbibliothek Marienfelde stattfinden sollte, bereitgestellt.
Für mich war es ein spannender und lehrreicher Vormittag. Zum einen ließen die beiden Leiterinnen des Workshops der Gruppe einen großen Freiraum, ohne die Führung zu verlieren, zum anderen zeigte es mir wieder einmal, mit wie wenig Mitteln und Aufwand nachhaltige Dinge entstehen können. Und dass mensch auch in der heutigen Zeit noch in Begegnung kommen kann. Es bedarf nur des offenen Blickes und Interesse an anderen. Und ich weiß jetzt endlich, wie das geht, das mit dem Hochbeet!