Interview: Alvaro Martinez
Fotos: Maria Bethania Medina
In Zeiten, in denen wir alle auf der Suche nach Sinn in unserem Leben sind, kommt Jaqees Musik voller Hoffnung, Kraft und Licht in unsere Herzen. Unsere musikalische Begegnung mit Jaqee und dem Gitarristen Jeff Chapah fand an einem sonnigen Wintermorgen zwischen den Bücherregalen der Theodor-Heuss-Bibliothek statt. Wir laden euch herzlich zu unserer zweiten Shelves Gigs Session ein!
Jaqee, bitte erzähl uns etwas über dich und deinen musikalischen Werdegang!
Ich wurde in Uganda geboren und lebte dort, bis ich 13 war. Dann haben wir die ganze Flüchtlingsroute nach Schweden durchlaufen, wo meine musikalische Reise wirklich begonnen hat, in Göteborg. Dort ist mein erstes Album, mein erstes musikalisches Baby, geboren worden. Seit 11 Jahren bin ich in Berlin, wo ich die Musiksache weiterverfolge, spiele, singe, schreibe und in Studios bin.
Wie komponierst du deine Songs?
Ich schreibe meine eigenen Songs, Texte und Musik, aber ich arbeite immer mit Produzent*innen zusammen. Manchmal bekomme ich Beats von ihnen und wir bauen auf den Grundlagen auf, denn dann habe ich wirklich die Melodie und die Idee, wohin ich die Musik und das Songwriting bringen will. Und von dort aus koproduzieren wir es dann sozusagen zusammen.
Was sind deine Inspirationquellen?
Das Leben ist meine Inspiration. Deshalb unterscheidet sich jedes Albumprojekt sehr von seinem Vorgänger; weil ich Musik mache, während ich das Leben lebe, in ständigem Austausch stehe und die ganze Reise dann fortsetze. Also spiegelt es normalerweise sehr gut wider, wo ich in meinem Umfeld stehe, in meinem Wachstum, du weißt schon, als Frau, als schwarze Frau, als Mutter – all diese Aspekte fließen in den Prozess ein. Bei jedem Album reife ich also, reflektiere ein bisschen mehr, manchmal bin ich wagemutig, manchmal halte ich mich zurück. Für mich ist es so wichtig, dass das, was ich schreibe, etwas ausdrückt, mit dem Menschen etwas anfangen können, mit dem sie mitfühlen können. Das ist es, was Musik so besonders macht. Wir sind zusammen in ihr – wir lachen zusammen, wir weinen zusammen, wir gehen zusammen auf die Straße.
Kannst du uns etwas über die drei Songs erzählen, die du in der Bibliothek gespielt hast?
‚Miracle‘ (dt.: Wunder) wurde während der Fluchtwelle geschrieben. Es war ein wirklich verrückter Moment, in dem wir sehr viel mit Kindern interagiert haben, die durch den Krieg absolut verstört waren, sehr traumatisiert. Und es geschieht eine Art Wunder, wenn du in ihren Lebensraum eintauchst. Für mich war das ein Moment, in dem ich wirklich verstanden habe, wie wichtig Menschlichkeit und Zusammengehörigkeit und Hoffnung sind, denn wir waren an einem Ort, an dem wir alle Hoffnung brauchten – ich, die Kinder, die Eltern – und das löst eine Menge Gefühle aus. Das könnte auch dein Kind sein, das könntest du sein, und ich sehe mich immer wieder in dieser Energie. So ziemlich jede Person im Video ist ein*e Geflüchtete*r, sie haben diese Erfahrung. Der Song wurde als ein Schrei nach Hoffnung geschrieben, der besagt, dass du nicht aufgeben darfst. Wir alle haben diese flüchtigen Momente, in denen wir uns einfach fühlen wie ‚Ich kann nicht mehr‘, deshalb fand ich es so gut, diesen Song zu haben.
Ich interessiere mich für Musik, die heilt, und um ehrlich zu sein, bin ich nicht so sehr an Ablenkung interessiert, das ist nicht meine Art… Ich habe genug vom harten Leben gesehen, um es nicht zu romantisieren. Wenn du bestimmte Dinge in deinem Leben erlebst, denkst du einfach: ‚Lass uns das alles vergessen. Ich brauche Licht, ich will Licht haben.‘ Ich finde, dass mir das wirklich hilft, also versuche ich, diese Art von Musik zu schreiben.
‚Moonshine‘ (dt.: ‚Mondschein‘) ist ein weiteres Kampflied. Die ersten Worte lauten: ‚Sie erhebt sich in einer besiegten Stimmung‘ (engl.: ‚Rising to her feet in a defeated mood‘). Es ist so schön, ihn live zu spielen, weil es einer dieser Songs ist, der die Menschen bewegt, jedes Mal wenn wir ihn auf der Bühne spielen.
‚World of the unknown‘ (dt.: ‚Welt des Unbekannten‘) ist eigentlich ein Song, den ich für meine Töchter und mich selbst geschrieben habe. Er handelt davon, dass wir die Trennung zwischen mir und ihrem Papa verarbeiten, und wenn wir uns entscheiden, getrennte Wege zu gehen, möchte ich, dass wir das auf eine gute und liebevolle Art und Weise tun, die unseren Kindern nicht schadet, denn wenn wir ihnen schaden, schaden wir der Zukunft. Es ist also wichtig, dass wir uns wirklich um sie kümmern und sie beschützen, und dass wir uns auch trauen, aus unserer Komfortzone herauszukommen. Und, okay, wir wissen nicht, was passieren wird. Ich meine, es ist die Welt des Unbekannten. Wenn wir glauben, dass gute Dinge passieren werden, dann werden sie auch passieren. Ich denke, das ist wirklich wichtig. Wir können uns entscheiden, die Trennung oder den Tod von Menschen als etwas sehr Negatives zu sehen, aber wir können es auch als Licht sehen, als eine Lektion, als Wachstum, als Ermutigung. Für mich geht es in diesem Song also darum, das Unbekannte zu umarmen, über die eigene Komfortzone hinauszugehen und auch damit klarzukommen.
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