Stimmen in Bewegung – Teil eins

Von Ina Schebler

Jede/r hat eine Geschichte. Jede/r hat eine Stimme, um sie zu erzählen. Und jede/r hat Ohren, um sie zu hören oder Augen, um sie zu lesen. Da braucht es nur noch Leute, die den Stimmen zuhören, die Gesichter ansehen und zunächst ihre Perspektive ändern und später die Welt.

Die Idee:

Im Januar 2016 begann ich Geschichten von Menschen zu sammeln, die einst aus ihrer Heimat geflohen sind und die jetzt in Deutschland leben. Sie alle hatten ihre Gründe. Sie alle kamen auf verschiedenen Wegen und endeten an verschiedenen Orten. Sie alle hatten verschiedenste Träume, Erwartungen und Pläne für die Zukunft, als sie ihr Zuhause verließen.

Ich trat diese Reise an, weil ich glaubte, dass Leute, die gezwungen werden ihr Zuhause zu verlassen, nicht nur Flüchtlinge, Asylsuchende, illegale Einwanderer oder Katastrophenopfer sind. Sie sind Menschen mit individuellen Gesichtern und Stimmen, die Geschichten erzählen können.

Also sammelte ich Geschichten von Leuten, die etwas mit der Welt zu teilen haben. Ich schuf diesen Raum aus Worten und Fotos, in dem Stimmen sprechen und Ohren zuhören, Augen sehen und Köpfe verstehen können. Viele dieser Stimmen erzählen Geschichten, die zeigen, dass vieles in dieser Welt einer Veränderung bedarf. Wir alle haben Stimmen und die Fähigkeit, nicht nur unsere Körper von Katastrophen wegzubewegen, sondern auch die Möglichkeit, Horizonte über Konventionen und Vorurteile hinwegzuschieben. Wir können uns mit Stimmen verbinden, uns durch Stimmen verbinden und unsere Stimmen verbinden. Folglich verbinden Stimmen Menschen und vielleicht wird eine der Ideen in einer der Geschichten eines Tages der Funken sein, der die ganze Welt heller macht – wer weiß?

Anne: Wie konnte sie nur einen Flüchtling heiraten? “Wie kann denn die einen Flüchtling heiraten? Dass der Vater da nichts sagt!” Erst war meine Schwester mit einem sudetischen Flüchtling zusammen und dann habe ich auch noch einen Flüchtling geheiratet. Gerede halt. “Wie kann denn die einen Flüchtling heiraten? Den kennt man doch nicht! Die haben doch nichts!” Aber wir hatten ja auch nichts. Anna, 90 Jahre alt, in Deutschland geboren

 

Anonym: Wenn ich Ban Ki-moon wäre Wenn ich Ban Ki-moon wäre, würde ich nicht ständig wiederholen: „Ich bin besorgt. Ich bin besorgt.“ Ich würde versuchen, etwas zu tun. Ich würde versuchen, Frieden zu schließen. Ich würde versuchen, Übereinkommen und Verträge zu schließen. Ich würde versuchen, es auf eine friedliche Weise zu lösen. Ich würde versuchen, etwas zu tun. Syrien ist kein unterentwickeltes Land. Wir waren nicht arm. Ich möchte, dass die Leute das wissen. Syrer sind gebildet. Wir sind nicht dumm. Wir hatten alles. Es ist wegen des Krieges, dass keiner mehr vorankommt. In Syrien können wir uns nicht mehr vorwärtsbewegen. In Deutschland können wir das. Wir sind nicht nur hier, um zu leben, wir sind hier, um uns zu bemühen und erfolgreich zu leben. Ich muss die Sprache lernen, denn Sprache ist so wichtig. Ich möchte mit Leuten in Kontakt kommen. Ich möchte arbeiten, zuerst mit einem deutschen Chef oder Geschäftspartner, um voneinander zu lernen, was wir wissen; und eines Tages will ich ein eigenes Unternehmen in der Bergbauindustrie haben. Geboren in Syrien